Hitze und Gegenwind, das sind die beiden Dinge, die mir als Allererstes einfallen, wenn ich auf das Three Peaks Bike Race (TPBR) zurückblicke. Unterwegs passierte jedoch noch viel mehr. Fangen wir also ganz vorne an.
Am Samstag, den 08.07.2023 reiste ich mit dem Zug zum Startort Wien. Nach einem Umstieg in den sehr gut gefüllten ICE konnte ich mir einen Sitzplatz abschminken, und kauerte stattdessen in unmittelbarer Nähe des Rennrads. Nach Ankunft wurde das Quartier bezogen, die Einkäufe erledigt, sowie die Startunterlagen abgeholt – samt obligatorischem zwanglosem Geplauder. Zum Abendessen traf ich mich schließlich mit einem bekannten (Björn Cap Nr. 26) und einem unbekannten (Urs Cap Nr. 82) Mitfahrer. Die Nacht war nicht so erholsam wie erhofft, aber ich ließ mich nicht aus der Ruhe bringen, und begab mich am späten Vormittag zur eigentlichen Startlocation, dem Schloss Schönbrunn.
Meine Route beim Three Peaks Bike Race 2023.
Stint 1: Wien – Marco
936 km und 11666 Höhenmeter
Die erste Startgruppe, zu der auch ich eingeteilt war, setzte sich pünktlich am Sonntag, den 09.07.2023 um 11:30 Uhr in Bewegung. Aus Wien heraus war zunächst der 137 km lange Startparcours zu absolvieren, der zur Begrüßung gleich mal mit 2770 Höhenmetern aufwartete. Die Temperaturen waren bereits sehr hoch, der Wasserverbrauch ebenfalls, und die Kleidung schon bald mit Salzrändern versehen. Tyler (Cap Nr. 233) legte in den Anfangsstunden ein sehr ordentliches Tempo vor, während ich stets in seiner Nähe blieb. Der Parcours endete in Mariazell, und schon kurz darauf trennten sich unsere Wege in Gußwerk. Tyler (Cap Nr. 233) orientierte sich Richtung Kapfenberg, ich hingegen Richtung Liezen. Damit war es klar, dass wir den bevorstehenden Parcours 1 aus unterschiedlichen Richtungen anfahren würden. Dieser Parcours 1 erstreckte sich über 220 km vom Fuße des Passo Sella in den Dolomiten, bis hin nach Ötz im Ötztal, und durfte eben von beiden Seiten her befahren werden. Ich entschied mich für die im Ötztal beginnende Nord-Süd-Variante mit 5750 Höhenmetern, wobei der Weg bis dahin noch ein weiter war. Eine Nachtfahrt stand bevor, und es wurde eine der ich mich seit geraumer Zeit entgegengesehnt hatte. Die Temperaturen waren sehr mild, der Halbmond leuchtete fleißig, und ich kam gefühlt mühelos voran Richtung Westen. Ein Malheur passierte dennoch. Als ich abends die Hintergrundbeleuchtung am Navigationsgerät justieren wollte, stellte ich fest dass die entsprechende Taste funktionslos war. Schon beim Einschalten in Wien fühlte sich die Taste irgendwie seltsam an. Nach ergebnislosem Herumdrücken entschied ich mich, die schützende Gummiabdichtung der Taste wegzukratzen, um die Elektronik freizulegen. Die Wasserdichtigkeit des Geräts ging somit flöten, aber zumindest ließ sich der dahinterliegende Schalter nun betätigen. Ab hier fuhr ich mit permanenter Sorge, dass Feuchtigkeit oder Regen eindringt, und das Navi unbrauchbar macht.
Morgens erreichte ich das Ötztal und prompt kam mir eine Blechlawine rückreisender Radmarathonisten entgegen. Tags zuvor fand hier der ach so prestigeträchtige Ötztaler Radmarathon mit Start/Ziel in Sölden statt, weshalb die Region entsprechend überlaufen war. Besonders nervig war natürlich die Ortsdurchfahrt durch Sölden selbst, wo es leider nur so wimmelte. Noch nerviger war jedoch die Abfahrt vom Timmelsjoch, auf der ich verkehrsbedingt zum Herunterschleichen verdammt war – gefühlt mit Dauerbremse. Gerade sowas bringt mich schier zur Weißglut – die fehlende Belohnung einer rasanten Abfahrt nach einem so schweren Anstieg, wie dem Timmelsjoch. Während der folgenden Auffahrt auf den Jaufenpass hatte ich anschließend viel zu lange Zeit darüber nachzudenken, wie potenziell bescheiden die Abfahrt wird. Sie wurde aber richtig spaßig, und ich konnte es laufen lassen. Die beiden Auffahrten auf die bereits überwundenen Alpenpässe waren aufgrund der Hitze besonders schweißtreibend. Ich nutzte unterwegs diverse Brunnen, die meist nur kurzzeitig für kühlende Linderung sorgten. Spätestens als ich Waidbruck erreichte, um von dort aus (dem Parcours folgend) nach Lajen hochzufahren war großes Leiden angesagt. Die Nachmittagssonne brannte in den Hang, während die Steigungsprozente ungemütlich hohe Werte erreichten. Meine Laune besserte sich merklich als ich oben angekommen einen tollen Ausblick auf eine beeindruckende Dolomiten-Kulisse erhaschen konnte. Zur weiteren Verbesserung der Laune trug bei, dass mir schon bald Björn (Cap Nr. 26) entgegenkam. Wir nahmen uns die Zeit, uns gegenseitig vom bisher erlebten zu berichten, und alles Gute für den weiteren Weg zu wünschen. Im Folgenden stand mir noch der Anstieg zu Passo Sella bevor. Tagsüber vermutlich eine Verkehrshölle, aber abends bei Dämmerung durchaus ein Genuss. Mit einbrechender Dunkelheit legte ich mir einen Plan zurecht für die bevorstehende Schlafpause. Idealerweise hatte ich vor zumindest noch Trento nachts zu durchqueren, um dem morgendlichen Verkehr zu entgehen. Schließlich stoppte ich erst in der Ortschaft Marco hinter Rovereto, wo ich mich auf einem Stück Kunstrasen niederließ.
Abfahrt vom Jaufenpass – endlich Gelegenheit, um es krachen zu lassen.
Stint 2: Marco – Val-Cenis
441 km und 3007 Höhenmeter
Sobald alle Utensilien wieder verstaut waren, setzte ich meine Fahrt auf der östlichen Seite des Gardasee Richtung Süden fort. In der Region waren einige Rennradfahrer bereits zur frühen Stunde unterwegs, vermutlich um einer ausgiebigen Röstung im weiteren Tagesverlauf zu entgehen. Diese stand mir noch bevor. Als ich am südlichen Ende des Gardasees einen Supermarktstopp einlegte, bewegten sich die Temperaturen schon morgens im schweißtreibenden Bereich. Es wurde jedoch von Stunde zu Stunde heftiger. Auch wenn ich in der flachen Po-Ebene gut Strecke machte, zermürbten mich die Hitze, und das abartige Verkehrsaufkommen. Die ständigen knappen Überholmanöver (insbesondere der offensichtlich bescheuerten LKW-Fahrer) brachten mich zunehmend zur Weißglut. Ich bereute meine Streckenwahl (Parcours 1 von Nord nach Süd, und dann weiter zur Po-Ebene), und konnte es kaum erwarten, Italien zu verlassen. Die Tatsache, dass das Befahren des Parcours 1 in entgegengesetzter Richtung mit Weiterfahrt über die Schweiz aus renntaktischer Sicht nachteilig gewesen wäre, tröstete mich nur wenig. Leider war der Weg bis Frankreich noch weit. Im Susatal kamen neben einer dezenten Steigung, und konstantem Gegenwind, auch noch ständige Ampeln hinzu. Mit einbrechender Dunkelheit war ich eigentlich schon bedient, und leicht demotiviert, aber mit dem Col du Mont Cenis stand noch das Haupthindernis des Tages bevor, um nach Frankreich zu gelangen.
Als die letzten Lichter der Stadt Susa hinter mir verblassten, wurde meine Aufmerksamkeit auf eine andere Sorte Licht gelenkt. Über mir war der Himmel zwar noch sternenklar, aber vor mir zuckten wiederholt Blitze. Bis zur Passhöhe waren noch immer einige 100 Höhenmeter, und ein welliges Hochplateau zu überwinden. Die Sorge oben auf 2000 Metern Meereshöhe nachts in ein Gewitter zu geraten, und zwar mit einem nicht wasserdichten Navigationsgerät, beschäftigte mich zunehmend. Für eine zwischenzeitliche Ablenkung sorgte ein riesiger angsteinflößender Hütehund, der kurz nach der italienisch-französischen Grenze auf mich aufmerksam wurde. Er lief eine Weile lautstark vor mir her, bis ich ein Flachstück am Lac Saint-Nicolas nutzte, um dem Gegner zu enteilen. Wie erwartet ließ der Hund nicht ohne Weiteres von mir ab, und bellte mir bis in die nächsten Serpentinen hinein nach. Ziemlich genau zu dem Zeitpunkt, als ich mich in die Abfahrt vom Col du Mont Cenis stürzen wollte, vernahm ich die ersten Tropfen. Mir schwante Böses. Vermutlich hing das Gewitter im vor mir liegenden Tal. Ich packe mich vorsorglich in die Regenjacke, und das Navigationsgerät in einen Kunststoffbeutel. Die nachfolgende dunkle Abfahrt war nass, und dementsprechend bescheiden zu fahren. Ich schaffte es aber in den ersten Talort, wo offensichtlich kürzlich ein Regenschauer oder Gewitter durchgezogen sein muss, und beschloss ein Stück weiter bis nach Val-Cenis zu fahren. Dort legte ich mich an einem überdachten Brunnen schlafen.
Stint 3: Val-Cenis – Massiac
432 km und 3374 Höhenmeter
Am frühen Morgen weckte mich ein Gewitter. Der kräftige Niederschlag bahnte sich seinen Weg in meine Unterkunft. Ich verkroch mich in eine andere Ecke, um einigermaßen trocken zu bleiben, und beschloss abzuwarten, statt zu riskieren, dass mein Navigationsgerät bei diesen Bedingungen absäuft. Als von oben kein Niederschlag mehr nachkam, setzte ich meine Fahrt auf regennasser Fahrbahn fort. Schon bald stellte sich Gegenwind ein, der mir den ganzen Tag das Leben schwer machen sollte. Außerdem wurde es warm, sehr warm, heiß. Ich kam südlich an Lyon vorbei. Später auch an Saint-Étienne, und arbeitete mich fortlaufend westwärts vor. Bis zum Abend drang ich relativ weit in das französische Zentralmassiv vor. Kurz vor Mitternacht erreichte ich ein schmales zugewachsenes Sträßchen, welches kilometerlang dem Lauf des Flusses Snouire folgte. Zeitweilig fühlte ich mich darauf etwas unwohl, im Hinblick auf etwaigen unerwarteten Wildwechsel. Von derartigen Zwischenfällen blieb ich jedoch verschont, und erreichte schließlich etwas breiter ausgebaute Straßen auf dem Weg nach Brioude. Als ich zum Start des Parcours 2 in Massiac gelangte suchte ich mir in einem Park ein Schlafplätzchen.
Stint 4: Massiac – Cazères
390 km und 3504 Höhenmeter
Nach der Schlafpause startete ich in den 165 km langen Parcours 2 mit 2310 Höhenmetern. Der Wind blies mir in gewohnter Weise unaufhörlich entgegen. Zudem war es auf den ersten 60 Kilometern, bis zum 1589 m hohen Pas de Peyrol (in unmittelbarer Nähe des Puy Mary), sehr kühl. Die Aussichten entschädigten jedoch für die Mühen. Für mich war es die erste Fahrt durch das Zentralmassiv, und ich muss sagen, dass die Gegend wirklich bildschön ist. Die anfangs kurvenreiche und schnelle Abfahrt vom Puy Mary ging allmählich in eine breite, gut ausgebaute, und tendenziell abschüssige Straße über – perfekt um während der Fahrt verschiedene Dinge zu erledigen. Ich entledigte mich der Jacke, packe sie zusammen, verstaute sie und aß eine Kleinigkeit. Beim Versuch, die Trinkfalsche aus dem Halter zu entnehmen, entglitt diese aus meinen Fingern. Im ersten Moment dachte ich: „Verdammt, jetzt muss ich umdrehen, um sie wieder einzusammeln.“, fand mich jedoch im nächsten Augenblick perplex auf dem Asphalt liegend wieder. Die Trinkfalsche rutschte so unglücklich vor das Hinterrad, dass es dadurch blockierte, während ich nur mit einer Hand am Lenker war. Ich konnte das Rad nicht abfangen, und stürzte bei 30 oder 35 km/h. Das muss ziemlich idiotisch ausgesehen haben. Das Rad landete blöderweise auf der Schaltungsseite, blieb aber unbeschädigt. Ich selbst zog mir neben Prellungen einen aufgeschlagenen Ellenbogen, sowie eine aufgeschürfte Schulter und Schulterblatt zu. Der Sturz hätte gut und gerne mit einem Schlüsselbeinbruch enden können, ging aber glücklicherweise sehr glimpflich aus. Völlig unnötig war es jedoch allemal.
Ich berappelte mich einigermaßen zügig, und rollte zum nächsten größeren Ort Aurillac. Hier deckte ich mich zunächst mit Lebensmitteln und Flüssigkeit ein, zumal wieder ein sehr warmer Nachmittag bevorstand, und besorgte mir beim Decathlon eine Trinkflasche (die Übeltäterin hatte den Vorfall nicht ganz überlebt). Der Gegenwind hinderte mich weiterhin am Vorankommen, und die Sonne brannte wieder mächtig vom Himmel. Erst nach vielen zähen Stunden kündigte sich abends bei Montauban etwas Linderung an. Ich tätigte den obligatorischen abendlichen Einkauf, die Topographie wurde stetig anspruchsloser, und ich machte mich daran möglichst nahe an den Parcours 3 in den Pyrenäen heranzukommen. In Cazères angekommen entschied ich mich dort einen Zwischenhalt einzulegen. Die Schlafplatzsuche gestaltete sich nicht so reibungslos, wie ich es gerne gehabt hätte. Letztlich packte ich den Schlafsack am örtlichen Friedhof aus. Sehr passend, zumal ich mich nach diesem zermürbenden Tag halbtot gefühlt hatte.
Zentralmassiv, sehr hübsch hier.
Stint 5: Cazères – Barcelona
483 km und 7924 Höhenmeter
Als ich nach der Schlafpause meine Fahrt fortsetzte, begleitete mich auf dem Weg in die Pyrenäen der gewohnte Gegenwind. Erst beim Erreichen des Ortes Seix – den Beginn von Parcours 3 – schien der Wind nachzulassen (wobei es eher daran lag, dass die Route nun in westlicher Richtung führte, statt in den Süden). Gleichzeitig stieg die Temperatur unverzüglich und rasant, sobald die Sonne zwischen den Bergen hervorguckte. Auf den nachfolgenden 74,5 Parcours-Kilometern mit 2210 Höhenmetern waren drei Pässe zu absolvieren – Col de la Core, Col de Portet d’Aspet, und Col de Menté. Die Pässe liegen auf der relativ populären Raid Pyrénéen oder Raid Pyrenees, einer pyrenäenquerenden Route mit 28 Cols. Ich nehme an, dass unter Anderem deshalb das Rennradfahrer-Aufkommen hier ganz ordentlich war, trotz massiver Hitze. Ich nutzte verschiedene Brunnen, zur ersehnten Abkühlung, da selbst die Abfahrten kaum dazu beitrugen. Nach dem Parcours 3 bog ich wieder Richtung Süden ab, und prompt war der gewohnte Begleiter wieder da, der Gegenwind. Als ich kurz darauf Spanien, und damit das Val d’Aran erreichte, wurde ich mit einer tödlichen Kombination konfrontiert – permanente dezente Steigung samt unaufhörlichem entgegenkommenden Heißluftstrom. Zeitweise kam mir die Idee auf abzusteigen, und das Rad einfach mal in den Straßengraben zu werfen. Das Anschließende Verdursten und Verbrennen hätte mir aber eigentlich nichts gebracht. Und so quälte ich mich bis zur Ortschaft Vielha, wo die Qual nochmal verschärft wurde, denn hier begann eine knackige Steigung. In Verbindung mit dem Gegenwind drohte ich stellenweise vom Rad zu kippen, erreichte dann aber doch den rettenden Tunèl de Vielha (wahlweise Viella geschrieben). Zwar kam mir darin weiterhin ein konstanter Luftstrom entgegen, aber die Steigung war immerhin moderat, ich war vor der Sonneneinstrahlung geschützt, und die Temperatur lag im erfrischenden niedrigen 20-er-Bereich (was sich bei Einfahrt in den Tunnel, wie ein Temperaturschock anfühlte).
Grundsätzlich wird die rechte der beiden Fahrspuren für den Kraftfahrzeugverkehr gesperrt, falls Radfahrer den Tunnel nutzen. Das wird durch zahlreiche digitale Tafeln und Schilder signalisiert. Nach der Hälfte des ca. 5,2 km langen Tunnels überholte mich jedoch ein Auto, welches offensichtlich dennoch meine rechte Spur benutzte, und sich nach dem Überholvorgang wieder brav rechts einordnete. Ich dachte mir nur: „Guck doch auf die Schilder, und benutze gefälligst die linke Spur, wie alle anderen.“ Wenige Minuten später verspürte ich einen Schlag auf meine Hüfte und unteren Rücken, während ein Auto an mir vorbeizog, zu bremsen anfing, und später stoppte. Ein Moment verging, bis ich realisierte was geschehen war. Der Fahrer hat die rechte Spur benutzt, sah mich nicht, oder war abgelenkt, und erwischte mich mit dem Seitenspiegel. Sofort kamen mir Bilder hoch von einem verhängnisvollen Vorfall, in den ich 8,5 Monate vorher verwickelt war. Der Fahrer – ein Spanier -, stieg aus, und als ich erkannte, dass er eine Sonnenbrille auf hatte geriet ich völlig in Rage. Ich schrie ihn an. Beschimpfte ihn. Machte ihn mit eindeutigen Zeichen darauf aufmerksam, dass er seine Augen aufmachen, und auf die Schilder achten soll, sowie verdammt nochmal die freigegebene Spur zu benutzen hat. Glücklicherweise fuhr ich ganz rechts, sonst wäre der Feindkontakt ganz anders ausgegangen. Als ich langsam heiser wurde verging mir die Lust mich mit dem Typen abzugeben. Ich schwang mich auf das Fahrrad, und sah zu, dass ich so schnell wie möglich aus dem Tunnel herauskomme.
Einerseits war ich sehr erleichtert, als ich wieder das Tageslicht erblickte, doch andererseits kam mir unverzüglich der heiße Gegenwind entgegen geblasen. Meine Fahrtrichtung lautete von hier an Süd, bzw. Südost, und ich musste davon ausgehen, dass der Wind der exakt aus dieser Richtung kam nicht nachlassen würde. Ich brauchte also unbedingt etwas Motivierendes. Bei meiner TPBR-Teilnahme 2021 fuhr ich zwischen Vielha und Barcelona ziemlich genau die gleiche Strecke, wie die die ich jetzt vor mir hatte. Meine Finishzeit lag damals bei 6 Tagen, 5 Stunden, und ein paar Zerquetschten. Jetzt lag ich am Tunnelausgang etwa 7 Stunden vor meiner damaligen Durchgangszeit. Die Mission war also klar: Finish unter 6 Tagen. Ich sah zu, dass ich Meter mache. Abends erreichte ich den Ort Tremp, verpasste es aber dort meine Vorräte aufzufüllen. Zum Glück fand ich in der Ortschaft Isona noch einen offenen Supermarkt. Das war die Rettung, denn auf den kommenden zig Kilometern waren die Aussichten recht mau zur späten Stunden vernünftige Auffüllmöglichkeiten zu entdecken. Kurz von 2 Uhr nachts erreichte ich westlich von Manresa ein Städtchen, in den irgendein Festival auf vollen Touren lief. Ich nutzte die Möglichkeit um Wasser nachzutanken. Somit war ich im Grunde dazu gerüstet, bis Barcelona durchzufahren. Natürlich hatte ich noch den Anstieg zum Montserrat vor mir, und anschließend den 83 km langen Finish-Parcours, der nochmal mit 1460 Höhenmetern aufwartete. Einen Versuch war es wert, die Nacht bis ins Ziel durchzufahren. Obwohl die Erschöpfung beträchtlich war, hielt sich die Müdigkeit in Grenzen, und so erreichte ich am frühen Morgen Tibidabo (die letzte Erhöhung vor der finalen Abfahrt in die Stadt hinein). Von hier hatte ich einen hervorragenden Ausblick auf – das zu der Zeit noch verschlafene – Barcelona. Ich beobachtete einige Rennradfahrer, die die kühlen Morgenstunden für Trainingseinheiten an diesem lokalen Hausberg nutzten. Hier oben war es Zeit, um sich nochmals zu sammeln, und vor der ampelübersähten Abfahrt durchzuatmen. Auf den letzten Kilometern lag meine Priorität darauf im nervigen Stadtverkehr jegliche Fahrfehler zu vermeiden, um sicher am Ziel – dem Arc de Triomf – anzukommen. Dies gelang mir auch nach einer Gesamtfahrzeit von 140 Stunden und 3 Minuten. Damit war ich selbstredend sehr zufrieden, zumal die diesjährigen Bedingungen eher suboptimal waren. Zudem gelang es mir, meinen Sieg in Barcelona nach 2021 zu wiederholen (die Austragung 2022 endete in Nizza). 🙂
Arc de Triomf – Finish – sehr passend um den Triumpf zu genießen, und zu feiern.
Meine nächsten Verfolger, Bernhard (Cap Nr. 6), und Rémi (Cap Nr. 139), kamen etwa 12 bis 13 Stunden nach mir im Ziel an. Natürlich empfing, und beglückwünschte ich sie dort gemeinsam mit Organisator Michael. OK, bei Bernhard kam ich etwas zu spät, da ich die Wegstrecke unter-, und mein Tempo im übermüdeten bzw. ausgelaugten Zustand überschätzte.
Schön wars, gerne wieder. TPBR ist zweifelsohne eines meiner Lieblingsrennen. Nein ich korrigiere das Lieblingsrennen, welches ich tatsächlich schon dreimal bestritten habe.
Gesamtdistanz: 2681 km
Höhenmeter: 29475 hm (Die Höhenmeteraufzeichnung erscheint mir etwas gering ausgefallen zu sein. Laut Planung hätten es einige Höhenmeter mehr sein sollen. Egal.)
Finish-Zeit: 5 Tage 20 Stunden 3 Minuten (140:03 h)
Fotos:
Jakub Kopecký – @jakob_kopecky
und Michael Wacker – @adventurebikeracing
text: adam bialek
Hi Adam
Danke für deinen Bericht. In den Niederlanden sagt man, die Berge kommen von vorne. Gegenwind ist mental zermürbend, aber du hast es wieder geschafft auf allen Gebieten zu bestehen. Viel Freude und Erfolg bei deinen noch anstehenden Rennen und das dich dein Schutzengel weiterhin behütet.
Alles Gute wünscht dir
Arno