600km sind kein Löwenzahnstiel.

Erst recht, wenn auch noch die Randbedingungen mit weiteren Prüfungen bestückt werden. Also
diesmal ein Abendstart, damit garantierte zwei Nächte Spaß am Rad. Der Plan: Nach ca. 350 km
tagsüber für ein paar Stunden schlafen.

zwei edle Ritter in Raphaela gehüllt

Thomas ist für solche Unterfangen immer gerne zu haben und voller Vorfreude. Wir treffen uns zeitig am Röcklplatz und werden von den unweit wohnenden Benedikte und Hatze noch mit einer richtig stärkenden Portion Nudeln verköstigt. Los gehts in die lauschige Nacht, die Gruppe ist noch groß, es wird bis Rosenheim ziemlich gefetzt, was ja ganz gut fürs Fortkommen ist, jedoch aber hohe Konzentration erfordert. Anschließend gehts es erst zu viert, dann zu dritt weiter zum Königsee. Ein rötlicher Halbmond begleitet uns in der Nacht. In der Morgendämmerung zischen wir über Markt Schellenberg, Grödig nach Salzburg. „Frühstück mit Strandfeeling in Mattighofen – nur ohne Sand und Meer.“ (Thomas).

im Hintergrund der letzte Partygast, den wir getroffen haben

Wir haben hier den letzten Kontakt mit weiteren Teilnehmern, ab jetzt sind wir die beiden einzigen Aliens unter den common people. Im Rottal geht es wieder los mit der hügeligen Landschaft. Die motorisierten Verkehrsteilnehmer werden ihren Ruf wie immer gerecht (“Fürchte Regen, Eis und Schnee und die Nummer FRG”) und wir entkommen den Angriffen auf die körperliche Unversehrtheit nur mit Mühen und Geschrei.

Mittags stärken wir uns bei meiner Mutter mit einer leckeren warmen Mahlzeit. (In echt: zwei verschwitzte, versalzene, mittelalte Männer verschlingen unter Missachtung jeglicher Hygiene- und Anstandsregeln ein Schnitzel mit Kartoffelsalat). Geplant wäre hier auch noch die Schlafpause. Wir fühlen uns beide statt müde bärenstark und wollen weiter. Unser Planänderung lautet: Durchfahren und mit dem letzten Zug des Tages nach Hause zu gelangen.

Am Gipfel der Tour

Die kommenden Stunden im Bayerwald sind der harte Teil der Strecke, es gilt drei lange Anstiege zu bewältigen. Irgendwie quälen wir uns durch und sehen bald wieder die Donau. Unten in Deggendorf wachsen erste Zweifel an dem gemachten Plan. Trotzdem kein Verzweifeln, hinter uns naht das Gewitter, wir bündeln unsere Kräfte und versuchen schnellstmöglich voranzukommen. Nach dem Wechsel zwischen Bergauf und -ab, steht jetzt wieder konstantes Rollen auf der Speisekarte. Thomas, der schon die ganze Zeit in bester Verfassung ist, übernimmt die Position 1. Wir versuchen uns in Rechnereien, ob und wie es noch gelingen wird, vor der nächtlichen Zugpause in München anzukommen. Letztlich: schnell weiter hier. Ich entscheide mich für einen Exit in Freising, Thomas muss nach München. Leider spielt ihm der entladene Handyakku nicht in die Karten und ihm missglückt die Rückfahrt nach Norden um ein paar Minuten.

Mein Akku ist auch vollkommen entleert. Und freue mich schon 24 Stunden später auf das nächste große Abenteuer mit ihm.

570 km // 5.600 hm // 22:38 h

fotos: hatze & thomas steffl; text: hannes klessinger

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