Der kleine Ventoux im Harz

Es ist soweit: Mit Blick auf den am kommenden Wochenende stattfinden Arber Radmarathon wollten Philip und ich noch mal aus der Brandenburger Ebene flüchten und uns hochprozentigeren Hügellandschaften widmen. Wir fuhren zum Brocken in den Harz. Das Wetter versprach perfekte Bedingungen – es war zwar recht warm, aber unsere Strecke sollte uns über recht viele bewaldete und somit schattige Strassen führen.

Wir näherten uns in aller Früh also erstmal unserem Startpunkt Bad Harzburg und schon von Weitem eröffnete sich einem der Blick auf den Brocken, der im diesigen Schimmer der Ferne ein wenig an den Ventoux erinnerte.

Halb zehn in Deutschland – Auto abstellen, fertig machen, losradeln. Am Fuss des Harz machen wir uns über welliges Terrain auf den Weg Richtung Wernigerode und es geht langsam ins „Grüne“ Richtung Schirke. Die ersten Anstiege, aber leider viel Autoverkehr. In Schirke angekommen noch schnell die Flaschen aufgefüllt und der Anstieg zum Brocken auf abgesperrter asphaltierter Strasse liegt vor uns. Die ersten Kilometer pedalieren wir entspannt plaudernd und in die Ruhe des Waldes eintauchend, abseits des zuvor etwas nervigen und hektischen Verkehr. Erste kleinere Rampen dazwischen. Die Strasse ist erstaunlich gut, den Berichten zufolge hatten wir wesentlich schlimmeres erwartet. Ab der Hälfte etwa ging es dann schlagartig richtig los. Zwei Rampen mit gut über 10% und etwa 1,5 Kilometern. Langsam werden es auch mehr Menschen auf dem Weg, die aus kreuzenden Waldwegen den Weg zum Gipfel suchen. Nach einem flacheren Stück hat sich der Puls auch wieder beruhigt und wir kommen in die lichtere Zone. Die Sonne knallt runter und der letzte Kilometer, der mit etwa 15% nochmal ordentlich in die Beine geht, liegt vor uns. Hier ist jetzt auch richtig was los, was bedeutet, dass Wanderer und Spaziergänger im Zickzackkurs umfahren werden müssen – Kommentare bleiben da nicht aus. Angekommen. Irgendwie sureal wenn man schweissgebadet den Gesichtern der Ankömmlinge der Bimmelbahn entgegenblickt. Doch der Ausblick von hier oben ist herrlich und man fragt sich wie diese Erhebung mitten im platten Land nur entstehen konnte.

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Schnell noch ein paar Photos am Gipfel und die Abfahrt ruft beziehungsweise der von hier aus eher wie ein kleiner Hügel wirkende benachbarte Wurmberg.

Wieder in Schirke angekommen, erster Fehler, falsch abgebogen. Wir drehen erstmal eine Ehrenrunde und bauen dafuer nochmal einen kleinen Anstieg ein. Zweiter Fehler, kurz anhalten, zur Orientierung, Banana… weiter. Es geht Richtung Elend (DDR-Witz: Wo findet der nächste Parteitag statt: zwischen Elend und Sorge. Der Namensursprung der beiden nah beieinander gelegen Orte ist übrigens wohl wirklich auf die Anfang des 16. Jahrhunderts herrschenden, sorgvollen Bedingungen zurückzuführen). Dritter Fehler, kurz nach Elend kommen wir an der im Wald gelegenen – weltbekannten – Kukki´s Erbsensuppenküche vorbei und machen eine zu lange Pause. Die Erbsensuppe war natürlich klasse!

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Es geht weiter, die Beine sind schwer. Wir kommen in Braunlage am Fuss des Wurmbergs an. Irgendwie gibt es in der Gegend keine Tanstellen, und so verplempern wir auf der Suche unsere Flaschen füllen zu können wieder wertvolle Zeit und Energie, anhalten, gucken, weiter. Das mögen die Beine nicht … vierter Fehler. Endlich sind die Flaschen gefüllt und es geht an den Anstieg. ohne grosses Geplenkel geht es gleich richtig los. Der Berg wurde von Mutter Natur nicht mit einer Höhe eines Brocken gesegnet, dafür hat er einen wesentlich steileren Anstieg zu bieten. Für Philip scheinbar kein Problem, wie ein Uhrwerk drehen sich in ruhigem Rhythmus seine Pedale unaufhörlich weiter. Bei mir wird es langsam schwerer und mir bleibt nicht mehr als einen oder besser in den letzten Gang runterzuschalten und mein eigenes Tempo zu suchen. Dramatische Szenen, trinken nicht vergessen, aber in dieser Situation noch eine Herausforderung mehr und ein richtiges Problem. Ein paar Tropfen, das muss reichen, man, geht es hier zur Sache. Es sind mehr als 15%, raus aus dem Sattel, verdammt bin ich schlecht. Philip ist bestimmt schon längst oben angekommen. Ich dagegen habe das Gefühl mich keinen Meter weiter zu bewegen. Der Puls ist am Anschlag, ich muss kurz ein Paar Minuten anhalten. Trinken, endlich, beruhigen … klingel … „wo bist du denn?“ … „keine Ahnung, aber es ist verdammt steil hier, musste kurz anhalten“ … „ja da tut´s nochmal richtig weh, ha ha?“ … „gib mir noch fünf Minuten, wenn ich dann nicht da bin kannst du ja los“ Ganz blöde Idee an so einer Stelle zu halten beziehungsweise wieder weiter zu fahren. Geschafft, Ankunft auf dem Wurmberg. Der Anstieg hatte es wirklich in sich.

Die Abfahrt war dann eher weniger prickelnd, recht viel Splitt, der beim Anstieg kaum beachtet werden musste, jetzt aber gerade in Kurven doch Vorsicht und Aufmerksamkeit forderte. Ausserdem hatte es zuvor etwas genieselt.

Von Braunlage aus ging es dann hoch nach Königskrug auf der Bundesstrasse, die ab dort glücklicherweise gesperrt war, Baustelle. Die nächsten Kilometer bis fast nach Torfhaus wurde die erste Teerschicht abgetragen, wodurch wir, sagen wir mal, eine kleine „Kopfsteinpassage“ in unsere Runde einbauten. Bei Torfhaus entschieden wir uns dann dagegen den kurzen Weg zurück nach Bad Harzburg zu nehmen, sondern einen kleinen Schlenker über Altenau und den Okerstausee zu machen. Sehr gute Entscheidung, fantastische Landschaft und eine sich am See ewig langegezogen leicht abfallende Strasse. Weiter Richtung Goslar, was soll da schon noch kommen … ein paar Wellen und wir haben es geschafft. Super war´s!

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