Brevets fahren ist kein Indoor-Sport

2023, meine achte Brevetsaison, 36.Veranstaltung. Oha, wie die Zeit vergeht. Dieses Jahr gibt es keinen Qualifikationsstress, es ist zwar ein PBP-Jahr, aber frühzeitig haben die Mitstreiter aus 2019 und ich das Thema als erledigt oder als zu zeitaufwändig beiseitegelegt. Da ein Leben ohne 100 offizielle Brevets kein vollendetes sein kann, gilt es stetig an diesem Ziel zu arbeiten: Der Frühlingsklassiker bei Heidi und Karl über 210 km im Altmühltal steht an.

Um die Strecke zu bewältigen, benötige ich zusätzlich 230 Autokilometer und ca. 3 ¾ Stunden Fahrzeit, die Wetterprognosen sind äußerst durchwachsen, es ist ordentlicher Westwind mit kräftigen Schauern angekündigt. Ich trickse meinen Wecker um 5:44 aus und wache aus eigenen Stücken auf, routiniert finde ich mich überpünktlich in Treuchtlingen ein. Es ist reichlich was los, laut Karl starten heute 190 verwegene Radler. Thomas, mein kongenialer, steter Begleiter findet sich auch ein und lässt die kommenden acht Stunden Unsinn als das Normalste der Welt erscheinen.

Horst, nicht nur eine Langstreckenlegende, sondern auch ein Gentleman, bringt Heidi einen Stauß Blumen mit. Auch Max aus Augsburg sehe ich seit 2019 zum ersten Mal wieder, ich glaube der hat sich seitdem nicht mehr die Haare schneiden lassen.

Los geht’s: Wir fliegen mit strammen Rückenwind Richtung Osten. Bis Kipfenberg sortieren Thomas und ich uns zu einem fränkisch/oberpfälzer Quartett ein, wir haben zwei Begleiter, die sich der Mission „#roadtoparis“ verschrieben haben. Thomas ignoriert geflissentlich die Kontrollfrage, aber für solchen bürokratischen Scheiß bin ja ich dabei. Wir erreichen, ohne nennenswerten Niederschlag den Umkehrpunkt nach 100km in Painten und stärken uns bei Cola, Wurst- bzw. Käsesemmel und einer Tüte Fruchtgummis mit Lakritz.

Mehrere Pfosten im Bild

Keine 10 km später machen wir uns regenfertig, die Wolken entladen sich kräftig, es schüttet ordentlich bis wir schließlich Dietfurt im Altmühltal erreichen. Der Wind ist seit geraumer Zeit nicht mehr ein Freund, sondern der ärgste Feind, keiner von uns Vieren ist gewillt, länger als irgendwie nötig vorne zu fahren. Nach Kinding, der letzten Kontrolle, bei der wir noch die Sonne, auf wärmenden Asphalt sitzend, anbeten, dreht seltsamerweise der Wind.

Alte Herren in Polyester

Wir befinden uns in einer lokalen Gewitterzelle, umschiffen diese aber glimpflich. Wie sich später herausstellt, haben mehrere unserer Mitstreiter mehrfach das Vergnügen mit zünftigen Hagelschauern.

Ein gestohlenes Hagelbild

Die anfangs endlos erscheinende Radmeditation findet schließlich sein gutes Ende am Startpunkt. Eine Tasse heiße Brühe mit anschließendem Weißbier aus der Flasche rundet den Tag ab.

210 km // 2.200 hm // 7:55 h

fotos: thomas steffl; text: hannes klessinger

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