Samstag, es ist 6 Uhr, ich warte auf Thomas in Velburg am Rathaus. Karls 400er gilt es zum wiederholten Male zu bewältigen. Dank der aktuellen Umstände lässt Karl den Start auch an anderer Stelle zu. Dadurch werden die Brevets zu Heimspielen. Der Aufwand für An- und Abreise wird minimal.
Der 400er ist in normalen Zeiten eine Nachtveranstaltung, man startet um 8 Uhr abends. Insofern ist es schön, den dunklen zweiten Teil der Nacht auch mal zu sehen. Wir fahren am Ende der Zivilisation zwischen den Übungsplätzen Hohenfels und Grafenwöhr Richtung fränkische Schweiz, Trubach-, Wiesent- und Leinleitertal. Der erste technische Stopp bestätigt, was wir sowieso wissen. Wir schwitzen, noch ist es schwül, ab Ebermannstadt lichten sich die Wolken und es bleibt bis Sonnenuntergang bei Temperaturen über 30 Grad.
Haltungsschaden annehmen
Ich kann mich an manche Abschnitte sehr gut, an andere überhaupt nicht erinnern. Der 400er 2016 war wohl mein Erweckungserlebnis, was die lange Strecke angeht. Da wurde die Lunte angezündet.
Um Forchheim gilt es noch ein paar andere Erledigungen zu tätigen. Thomas ist, wie ich, auch ein Freund der Tiles. Auch ich hatte Ähnliches vor, Thomas wollte hier aber einige schwierige Kastl, weil wir ja eh schon da sind, einsammeln. Wenn einem eine tagesfüllende Ausfahrt zu langweilig ist, fährt man halt auch noch mal da und dort in Wirtschafts- und Waldwege, um den Thrill eines Defekts zu erhöhen. Mission successfully completed.
Alte Freunde
Die Hitze schwächt uns physisch, psychisch zeigen wir uns stark, es gibt keinen Zweifel an unserem Unterfangen, auch wenn wir im Laufe des Nachmittags etwas von Thomas vorab errechneter Marschroute abweichen.
In Weißenburg, bei km 300 steht der schwierigste Anstieg der Tour an, hoch zur Ludwigshöhe, ein Anstieg, den man im normalen Leben meidet, zu steil, einfach nur eine fiese Rampe mit über 20% in der Spitze. Beim Anfahren überholen wir einen anderen Randonneur, er schiebt sein Rad hoch. Thomas` Spezialdisziplin ist zügig bergauffahren, er entschwindet mir, ich liebäugle für ein paar schwache Momente auch damit, es dem fremden Randonneur gleich zu tun.
Wir lassen Suffersheim links liegen, nehmen kurz vor Schluss noch Essen und Trinken in Treuchtlingen mit und gehen das letzte Viertel an. Es dämmert, wird dunkel, erholsame Temperaturen unter 30 Grad.
Immer gut: Freunde der Nacht
Wir gleiten durch die stille Nacht über das Anlauter-, Altmühl- und weiße Labertal Richtung Ausgangspunkt unserer Nordbayernrundfahrt. Dort angekommen erwartet uns eine kleine legale Party. Es schallt uns lautstark Tobees Ballermannhit entgegen. „Blau wie das Meer // Voll wie der Strand // Und so breit wie der Horizont lag sie im weißen Sand“. Parallelwelten, wohl auf beiden Seiten.
fotos & text: hannes klessinger
Klingt nach einer schönen Runde
& Parallelwelten, wohl auf beiden Seiten (= genialer Satz)